
Genießen & so: Gemeinsam statt einsam – Esskultur in deutschen Großstädten
Die deutsche Gesellschaftsstruktur hat sich in den letzten Jahrzehnten drastisch verändert. In den letzten zwanzig Jahren ist laut dem statistischen Bundesamt der prozentuale Anteil der Singlehaushalte von 14 auf 20 Prozent gestiegen. Auch die berufliche Herausforderung ist gewachsen und allgemein ist unsere Welt durch das Internet und den Fortschritt der Medien schnelllebiger geworden.
Diese Entwicklungen führen zwangsweise zu einer veränderten deutschen Esskultur. Das Bild von Mutter, Vater und Kindern am Mittagstisch, der mit leckeren, hausgemachten Speisen gedeckt ist, ist längst überholt und unmodern geworden. Stattdessen gibt es meist einen spontanen Imbiss in der Mittagspause. Während in den Familien häufig das Abendessen zur Hauptmahlzeit geworden ist, wird bei Singles auch nach Feierabend gerne zu Convenience-Produkten gegriffen. Das Geschäft mit Fast Food und Lieferdiensten boomt.
Wer isst wie?
Die Mahlzeiten werden heutzutage häufig allein eingenommen, es geht also eher um die Versorgung des Körpers mit lebenswichtigen Nährstoffen als um das soziale Erlebnis des gemeinsamen Sitzens am Esstisch. Dabei sind gemeinsame Mahlzeiten ein wichtiger Schritt in unserer Entwicklung. Studien zeigen, dass Kinder, die mindestens dreimal die Woche mit der Familie zusammen essen, später weniger häufig zu Übergewicht und Verhaltensauffälligkeiten neigen. Am Esstisch werden Sozialverhalten, das Wissen über gesunde Ernährung und andere Kompetenzen gestärkt.
Doch auch im Erwachsenenalter ist das Essen in Gesellschaft ein wichtiger Bestandteil des Soziallebens. Essen ist etwas Persönliches, und diese Erfahrung zu teilen verbindet und stärkt das soziale Gefüge. Eine Tischgemeinschaft verbindet laut Forschung mehr als jede andere Gemeinschaft. Außerdem hat sich gezeigt, dass Menschen ein inneres Verlangen nach gemeinsamen Mahlzeiten haben und dass diese nicht nur den physiologischen Hunger, sondern auch seelische Bedürfnisse befriedigen.
Essen – lieber gemeinsam
Wie kann diese Sehnsucht nach einem geteilten Mahl aber mit der Schnelllebigkeit unserer Gesellschaft und dem hohen Singleanteil in Großstädten vereint werden? Viele allein Stehende verabreden sich abends mit Freunden oder Kollegen in Restaurants. Möchte man allerdings nicht auf das Erlebnis des Kochens in privatem Umfeld verzichten, bietet das Internet zeitgemäße Alternativen. Verschiedene Portale und Foren ermöglichen es, sich mit Gleichgesinnten zum Kochen und Essen zu verabreden und so auch noch neue Kontakte zu knüpfen. Oder aber man mag es noch abenteuerlicher: Unter dem Namen „Jumping Diner“ werden Dreigängemenüs angeboten, bei denen jeder Gang in einer anderen Privatwohnung gekocht und eingenommen wird. Auch die Zusammensetzung der Gäste ändert sich mit jedem Gang.
Es gibt also auch heutzutage noch Möglichkeiten, die tägliche Mahlzeit zu einem sozialen Erlebnis zu machen, wenn auch nicht unbedingt im traditionellen Sinn. Mit welcher Form des gemeinsamen Essens man sich letztendlich am wohlsten fühlt ist Geschmackssache, aber komplett auf gemeinsame Mahlzeiten zu verzichten ist sicher keine Lösung.
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