Restaurant Freiraum

Buchholzer Straße 5
10437 Berlin


Restaurant Freiraum – Gästebewertungen

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    12.09.2013

    Warnung: Jetzt kommt eine Monsterbewertung. Sorry. Aber immerhin muß dieser Bericht Hotelbetrieb UND Restaurant abdecken. Das möge mir mildernde Umstände einräumen;-)) "..und jetzt brauchen wir nur noch eine spottbillige, saubere, zentral gelegene Unterkunft mit top Verkehrsanbindung, möglichst ruhig und bloß nicht mit Bad auf dem Flur. bb, das machst am besten du, du hast ja für so was ein Händchen." Klar mach ich das. Wie immer. Während meine Mitreisenden sich entspannt auf der Couch rumlümmeln, hocke ich vor jeder Reise-wohin auch immer-stundenlang mit Stadtplänen von mehr, weniger oder völlig unbekannten Städten am Rechner, verzweifle an Google Maps, an Kleingedrucktem, an obskuren Kreditkartenaufschlägen, seltsamen Buchungsportalen etc. Habe ich dann endlich was gefunden und trommele die Bagage zusammen ("Guckt mal, wie gefällt euch das?"), schlappen sie gelangweilt an, werfen einen flüchtigen Alibi-Blick auf den Monitor und wenden sich wieder ab:"Klar, ist okay! Du machst das schon!" Und bisher "hätt et noch immer jot jejange". Reingefallen sind wir nie und die Reisebegleitung sparte nicht mit Anerkennung Marke "Du hast halt ein Händchen dafür. Toll gemacht!". Nun bin ich mir natürlich darüber im Klaren, daß dieses Lobgepuschel weniger damit zu tun hat, daß ich tatsächlich ein Trivago-Flüsterer bin. Vielmehr arbeitet das faule Pack daran, daß ich auch weiterhin den Buchungslakaien gebe, der sich obendrein das Gemecker anhören darf, sollte es doch mal in die Hose gehen. Auch vor dieser Berlinreise war die Hotelbuchung mein Job. Für’s Pfefferbett gab es diesmal leider kein günstiges Angebot, also checkte ich die Konkurrenz und wurde auch schnell fündig. Das „Freiraum“ lag nicht nur günstig, sondern bot auch noch ein in diversen Portalen recht ordentlich bewertetes Restaurant und äußerst bezahlbare Zimmer ohne die No-Gos Etagenbetten und Gemeinschaftsbäder. Gekauft. Einen Schrecken bekam ich dann kurz vor der Abreise, als ich auf der Homepage der Unterkunft die „zuständige“ Bahnstation recherchierte und auf die Anmerkung stieß: „Die Rezeption ist von 7:30 bis 12:00 Uhr und von 15:00 bis 23:00 Uhr besetzt.“ Bis 23:00 Uhr besetzt? Nach dem Locationfoto bestand kein Zweifel , daß es sich um einen kleinen Betrieb handelt und nicht um einen großen Bettenbunker mit Plastikkarten, in dem man nach Belieben ein-und ausgehen kann. Außerdem tauchte in der Beschreibung das vorher nicht wahrgenommene Wort „familienfreundlich“ auf. Vor meinem inneren Auge sah ich uns fluchtartig in einer saugemütlichen Kneipe das Bier auf Ex runterkippen („Mensch! Wir müssen weg! Schon halb elf!“) und an Massen von Nachtschwärmern vorbei zur Unterkunft stürzen. Ich sah uns um halb zwölf, also quasi am hellichten Tag, mit einer am Spätkauf erstandenen Limodose im Bett vor der Glotze liegen, auf die Wiederholung vom „Mentalist“ wartend. Ich sah uns um 3 Minuten nach elf mit einem schweren, rostigen Türklopfer an ein Eingangstor hämmern. Ich sah einen aufgebrachten Herbergsvater in Morgenmantel und Zipfelmütze, der uns wutentbrannt vor die Tür setzt. Ich sah uns morgens um vier entkräftet im Regen durch ein ausgebuchtes Berlin schleichend, auf der Suche nach einer bezahlbaren Unterkunft. Und ich sehe uns am Brandenburger Tor hockend bei dem verzweifelten Versuch, unsere Uhren, Smartphones und mein einziges Paar Prada-Schuhe an irgendwelche Touris zu verscherbeln, um mit dem Erlös und der gesamten restlichen Reisekasse wenigstens eine Nacht in einer Dienstbotenkammer des Adlon und ein Bummelzugticket nach Düsseldorf bezahlen zu können , weil woanders nichts mehr zu kriegen ist. Endstation Parkbank. „Blödsinn, du Dramaqueen. So was gibt es nicht mal mehr in Jugendherbergen. Sperrstunde. Herbergsvater. Du hast nicht mehr alle Latten am Zaun!“ wies ich mich selbst in die Schranken. Ein winziger Restzweifel blieb trotzdem; aber natürlich tat ich den Teufel, meinen Mitreisenden darüber aufzuklären und mir womöglich schon im Vorfeld einen Anpfiff abzuholen. „Die Lage ist schon mal gut“ stellten wir dann fest, als wir nach wenigen Marschminuten vom U-Bhf Schönhauser Allee die ruhige Seitenstraße erreichten, in der unser Domizil zu finden war. Erster Eindruck positiv: Ein gepflegter Altbau. Das Restaurant, in dem sich auch die Rezeption befand, sah allerdings geschlossen aus. Vor der Tür hockte ein rauchender Mensch, der uns mit unbewegter Miene musterte. „Kann ick euch irgendwie helfen?“ „Äh, ja. Wir haben hier ein Zimmer gebucht.“ Der Mensch schwieg sekundenlang und musterte uns. Wir musterten sein Shirt mit der Aufschrift „Fucking Motorcycle“. „Hier ist noch zu. Ab 15 Uhr ist det Zimmer fertig. Jepäck könnta solange inne Rumpelkammer abstellen.“ Ich zündete mir eine Kippe an: „Hat keine Eile, rauch erst mal in Ruhe auf“. Das Eis war gebrochen. Wir plauderten über dies und das und erfuhren nebenbei, daß wir bei unserer Anreise (TXL-Bus bis Zoo, dann U2) einen malerischen Umweg über die Mandschurei genommen hatten, oder wie unser Herbergsvater das ausdrückte „von Berlin nach Erkner über Rom“. Er bot netterweise an, uns im Internet für die Rückreise die günstigste Verbindung rauszusuchen, was wir dankbar annahmen. Obendrein bekamen wir noch die Info, daß wir im Restaurant frühstücken bzw. sonntags auch brunchen konnten und uns im Falle eines Abendessens als Hausgäste zu erkennen geben sollten, dann bekämen wir 5 % Rabatt. Fein. Wir gingen erst mal Kaffee einwerfen. Wie versprochen war das Zimmer um 15 Uhr fertig. Meine Befürchtungen in Sachen Sperrstunde waren natürlich völlig schwachsinnig. Wir bekamen einen Schlüssel und konnten bis 23 Uhr durchs Restaurant, aber ansonsten jederzeit über den ganz normalen Hauseingang rein. Offenbar hatte man eine große ebenerdige Wohnung zu mehreren Gästezimmern umgebaut. Von einem kleinen Flur, in dem sich sogar ein Regal mit Büchern und Zeitschriften zur allgemeinen Benutzung befand, gingen diverse Räume ab. Unser Zimmer (siehe Fotos) war eher ein kleines Apartment, sogar mit Miniküche und einem vernünftigen Fön, so daß ich den uneffektiven Reisepüsterich, der das Haarewaschen immer zum zeitraubenden Unternehmen mutieren läßt, gar nicht erst auspacken mußte:-) Das Mobiliar wies zwar schon ein paar kleine Abnutzungserscheinungen auf, aber so was stört mich nicht-vor allem dann nicht, wenn ein Zimmer so günstig ist. Dafür gab es aber einen richtigen Kleiderschrank und keinen versifften Teppichboden. Ich ließ mich erst mal beifallheischend auf das bequeme Bett (nebenbei:es war wirklich bequem! Auch nach 5 Tagen kein Rücken!!) fallen. „Na?Na? Wie hab ich das wieder hingekriegt?“ „Genial, wie immer. Du bist die Beste.“ Das wollte ich hören. Erwähnens-und lobenswert fand ich auch die lockere Handhabung der Check-Out-Time. „Wann fliegt ihr? Also, wenn das Zimmer um 12 geräumt ist, wär das toll; aber wenn ihr länger drinbleiben wollt, ist das auch kein Ding-sagt Bescheid.“ Paßte perfekt. Ebenso wie der BVG-Reiseplan, den wir wie versprochen am letzten Tag an unserer Tür vorfanden. Der Umweg über den Bahnhof Zoo war wirklich überflüssig und der nette Mensch hat uns für die Zukunft massenhaft Zeit erspart-auch wenn das traditionelle Andocken bei Curry 36 damit zumindest bei An- und Abreise flachfällt. So weit, so gut. Abends beschlossen wir, auch gleich das Restaurant auszuprobieren. Da das Wetter schön war und wegen der Raucherei (der in der Rumpelkammer vorgesehene Raucherraum wird erst demnächst fertiggestellt) nahmen wir draußen an der Straße Platz und das Essensangebot in Augenschein. Für Berliner Verhältnisse waren die Preise im gehobenen Mittelfeld, für Düsseldorfer Verhältnisse ein Witz. Mein Blick blieb sofort an „Kalbsgeschnetzeltes an Champignon-Rahmsauce mit Haselnußspätzle und einer mit Cheddar überbackenen Grilltomate“ hängen. Spätzle. In Berlin. Ein Sakrileg. Aber ich gestehe: An Spätzle komme ich einfach nicht vorbei. Auch in Ouagadougou, Toronto oder Emden nicht. Zumal nach meiner Erfahrung so etwas an untypischen Orten oft nur angeboten wird, wenn der Koch Schwabe ist und somit die Hoffnung besteht, die Köstlichkeit handgeschabt und nicht etwa aus der Conveniencetüte zubereitet zu bekommen.Also check. Mein Begleiter entschied sich für ein weiteres Sakrileg: Rindsrouladen mit Salzkartoffeln und Rotkohl. Sakrileg nicht etwa, weil es berlinuntypisch ist, sondern weil man so was in meiner Gegenwart nicht tut. Rouladen sind schließlich die einzige Kochdisziplin, die ich vollendet beherrsche. „Dir koch ich noch mal Rouladen! Aber mach mal. Ich fürchte die Konkurrenz nicht. Auch nicht, wenn der Koch tatsächlich Schwabe sein sollte.“ Als „Gruß aus der Küche“ wurde sehr leckeres frisches Baguettebrot mit einem Töpchen hausgemachtem Kräuterquark gereicht. Wir langten tüchtig zu, da man ja nie weiß, wie die Portionen so sind. Ein Fehler, natürlich. Das Essen wurde schließlich von einer anfänglich mürrischen, später aber freundlicher werdenden Bedienung serviert bzw. herangekarrt. Ziemlich große Portionen. Die Roulade hatte gut und gern ihre 400 g, und für mein Geschnetzeltes wurde an Kalbfleisch nicht gespart. Aber Portionen sind nicht alles. Schmecken soll es nebenbei ja auch noch. Den in der Tat leicht nussig schmeckenden Spätzle unterstelle ich , daß sie tatsächlich von schwäbischer Hand geschabt wurden; in Kombination mit der sehr guten Rahmsauce und den frischen Champignons ein Gedicht. Das Kalbfleisch war in Ordnung, wenn auch ein paar Stückchen etwas zäh waren. Auch die Cheddartomate war lecker, aber die hätte ich zuletzt essen sollen-sie verwässerte mir beim Anschneiden leider die schöne Sauce. Der Rouladentest ließ mich schadenfroh grinsen. „Deine schmecken besser!“-so lautete das absolut gerechte Urteil;-) Vor allem schmeckten sie anders, da sie nicht mit Speck, sondern nur mit Gurken und Zwiebeln gefüllt waren. Die Sauce erinnerte mich stark an rheinischen Sauerbraten, den ich sehr gern esse, mein nichtrheinischer Begleiter allerdings weniger. Alles in allem: Geschmackssache. Am hausgemachten Rotkohl, den Kartoffeln und dem Fleisch an sich gab es aber nichts zu meckern. Und unterm Strich war das Essen wirklich sehr günstig. Werden wir beim nächsten Mal auch wieder machen, wenn die „untertags“ eingeworfenen Currywürste es zulassen. Jetzt winde ich mich über zigtausend Zeichen wie ein Aal und tu mich schwer mit der Vergabe der Sterne. Uns hat es sehr gut gefallen, das „Freiraum“ hat das Zeug zum Berlin-Basislager. Aber ein paar Kritikpunkte gibt es dennoch, die den einen oder anderen stören könnten. Das Erdgeschoßzimmer hatte den Nachteil, daß man bei geöffnetem Fenster (auch wenn die Vorhänge keine Einsicht gestatten) schnell das Gefühl hat, mitten auf der Straße zu liegen und unfreiwillig die Gespräche der vorbeigehenden Passanten belauschen darf oder zwangsweise mitbekommt, welche Lieder der Prenzlberg-Ökokindergarten ums Eck gerade gelernt hat. Ich hab das nur am Rande mitbekommen, da man mich wegtragen kann, wenn ich erst mal eingeschlafen bin; aber Leichtschläfer könnte diese Tatsache beeinträchtigen. Ob es noch Zimmer in höher gelegenen Etagen gibt, weiß ich nicht. Für manche vielleicht irrelevant, aber nicht für mich: Mikrofaserbettwäsche! Ich hasse es! Die ist zwar schön kuschelig, aber leider vollsynthetisch und somit im Sommer ein unangenehmes Treibhaus. Beim nächsten Mal habe ich wieder mein eigenes Bettzeug im Gepäck. Da bin ich halt pingelig. Für 5 Sterne reicht es also nicht ganz. Aber 4 müssen es schon sein-man darf ja auch nicht vergessen: Dies ist nicht das Adlon. Und wäre (worst case) unsere Übernachtungskasse geklaut worden, hätten wir am Brandenburger Tor nur ein Smartphone verhökern müssen, um die Zeche zu berappen;-))